«Wo andere drei Fahrzeuge schicken, brauchen wir nur einen LKW»

Seit 125 Jahren unterstützt die Lottner AG mit Sitz in Basel ihre Kundschaft bei der Entsorgung und beim Recycling von Abfallstoffen aller Art. Um sich im hart umkämpften Markt zu behaupten, setzt das Tochterunternehmen der Paprec Group auf langjährige Partnerschaften sowie auf «kundenorientiertes, wirtschaftliches und innovatives Handeln», wie Vertriebsleiter Florian Dolder erklärt.

Von Daniel Lüdin

Florian Dolder, die Schweizerinnen und Schweizer gelten als Recycling-Weltmeister. Sind sie das?
Wir gehören sicherlich zu den europäischen Spitzenreitern. Laut Swiss Recycling, dem Dachverband der Schweizer Recycling-Organisationen, liegt die Recyclingquote beim Papier und Karton bei über 80 Prozent, beim Altglas sowie den Aluminiumdosen sind es sogar 94 Prozent. Das sind Spitzenwerte. 

Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?
Aufholbedarf gibt es bei den Kunststoffen. Das ist jedoch ein herausforderndes Thema, weil die verschiedenen Kunststoffarten für Laien nur schwer zu unterscheiden sind. Umso wichtiger ist es, dass die Konsumenten bei ihren Recyclingbemühungen unterstützt werden. Seit über sechs Jahren führen wir in Allschwil und seit einem Jahr auch in Muttenz Haushaltssammlungen durch, bei der die Leute sämtliche Kunststoffwaren in einen Sack füllen können. Die Feintrennung übernehmen wir, was bei den Kunden sehr gut ankommt.

Wohin kommen eigentlich die Materialien, die Sie sammeln?
Den Handel und die Vermarktung der Wertstoffe übernimmt eine Tochtergesellschaft von uns. Das gesammelte Material wird in der Regel an Kunden und Partner in der Schweiz und dem näheren Ausland verkauft. Ein Teil kommt an den Hauptsitz unserer Muttergesellschaft Paprec in Frankreich. Auch Unternehmen aus Deutschland und Belgien gehören zu den grösseren Abnehmern. 

Mit welchen Herausforderungen war und ist die Pandemie für die Lottner AG verbunden? 
Zunächst einmal haben wir gemerkt, dass wir in einer systemrelevanten Branche arbeiten. Unsere Mitarbeitenden konnten wir nicht einfach ins Homeoffice schicken, was zu  diversen Herausforderungen geführt hat. Im Recyclingbereich hatten wir primär zu Beginn des ersten Lockdowns grössere Frequenzen bei den Privatkunden. Rückläufig waren hingegen die Recycling-Mengen in vielen Unternehmen. Weil viele Leute im Homeoffice waren, gingen die Abfallmengen in vielen Betrieben massiv zurück. Unter dem Strich sind wir jedoch mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen. 

Es gibt in der Schweiz viele Entsorgungs- und Recyclinganbieter: Wie gelingt Ihnen, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten?
Tatsächlich ist der Konkurrenzkampf gross – und das besonders in der Region Basel. Wir versuchen uns nicht primär durch den Preis abzugrenzen, sondern vor allem durch unsere Dienstleistung. Dazu gehört, dass wir unseren Kunden eine aufrichtige und hochwertige Beratung garantieren. Zudem versuchen wir innovativ zu bleiben und unseren Kunden Lösungen anzubieten, die sie von anderen Unternehmen nicht kennen und die massgeschneidert auf deren Bedürfnisse sind. Weiter höre ich immer wieder, dass unsere Chauffeure und Betriebsmitarbeitenden nicht nur zuverlässig und pünktlich, sondern auch sehr freundlich sind. 

«Wir versuchen uns nicht primär durch den Preis abzugrenzen, sondern vor allem durch unsere Dienstleistung.»

Florian Dolder
Vertriebsleiter Lottner AG

Welche Bedeutung hat das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen? 
Nachhaltigkeit ist für uns von berufs wegen ein grosses Thema. Kein Rohstoff ist unbegrenzt vorhanden. Indem wir Wertstoffe sammeln, aufbereiten und weitervermarkten, leisten wir einen wichtigen Beitrag, die natürlichen Ressourcen zu schonen. 

Was tun Sie sonst noch für eine nachhaltigere Wirtschaft und Umwelt?
Wir halten unsere Lkw-Flotte so modern wie möglich und achten darauf, dass wir die Fahrten möglichst gut planen. Ein wichtiger Punkt ist zudem, dass wir unseren Kunden eine Abholung aus einer Hand anbieten. Egal wie viele Materialien jemand abzuliefern hat: Wo andere drei Fahrzeuge schicken, brauchen wir nur einen Lkw. Im Kanton Genf sind wir zudem mit einem mit Biokraftstoff betriebenen Lkw unterwegs. An gewissen Orten fahren wir zudem bewusst mit kleineren 3,5-Tönnern, damit nicht so viele Schwerlastwagen unterwegs sind.

Gibt es auch im Bereich der Digitalisierung Projekte, die Sie hervorheben möchten?
Obwohl die Digitalisierung in unserer Branche wahrscheinlich nicht so matchentscheidend ist wie in anderen Sparten, beschäftigt uns dieses Thema sehr. Ein Beispiel sind die Presscontainer, über die viele unserer Industriekunden verfügen. Diese verfügen über ein Meldesystem, das unseren Disponenten automatisch informiert, sobald der Behälter zu drei Vierteln voll ist. Weiter arbeiten wir mit einem Online-Portal, in welchem der Kunde seine Abholaufträge mit wenigen Klicks erfassen kann. Moderne Technologien kommen auch bei unseren Lkw zum Tragen: GPS-Systeme tragen dazu bei, dass unsere Fahrzeuge stets den ressourcenschonendsten Weg zurücklegen. 

Sie haben in den letzten Wochen bekanntgegeben, dass auf dem Lysbüchel in grossem Stile investiert werden soll. Wie sieht die Zukunft von Lottner aus?
Im Stadtgebiet stossen wir schon seit Längerem an Grenzen. Wir wollen deshalb unseren Standort modernisieren und ausbauen. Dazu gehört auch, dass unsere Anlage in den kommenden Jahren zunehmend automatisiert werden. Zudem sind wir bestrebt, unser Angebot zu erweitern – dies gerade im Bereich der Kunststoffverwertung. Ebenso wollen wir unseren Recyclingpark modernisieren, um noch kundenfreundlicher zu werden. 


200 Mitarbeitende in der ganzen Schweiz

Das Nordwestschweizer Traditionsunternehmen Lottner AG feiert dieses Jahr ihr 125-jähriges Bestehen und blickt auf eine erfolgreiche Unternehmensgeschichte zurück. Durch zahlreiche Firmengründungen und Übernahmen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist aus Lottner die Unternehmensgruppe Paprec Schweiz mit insgesamt neun Gesellschaften gewachsen. Zu Paprec Schweiz zählen heute neben der Lottner AG acht weitere Spezialunternehmen im Bereich Recycling und Datenvernichtung mit Standorten in Basel (BS), Birsfelden (BL), Buchrain (LU), Dällikon (ZH), Satigny (GE) und Oftringen (AG). Die Lottner AG ist damit national tätig und zu einem Unternehmen mit knapp 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewachsen.